Bau- und Werkvertragsrecht: Der Architektenvertrag

Möchte ein Bauherr ein Eigenheim errichten, wird er häufig einen Architekten beauftragen. Dieser übernimmt je nach vereinbartem Leistungsumfang nur die Planung oder aber auch die gesamte Bauüberwachung.

Dabei haben Architekten eine besonders große Verantwortung, die häufig weder den Architekten selbst, noch den Bauherren bewusst ist. So hat der Architekt beispielsweise ungefragt die wirtschaftlichen Möglichkeiten und das Budget des Bauherrn aufzuklären: Wird das Bauvorhaben zu teuer, wäre es für den Bauherrn unbrauchbar. Eine unbrauchbare Leistung ist aber eine mangelhafte Leistung des Architekten!

Dies würde sich durch die vertragliche Vereinbarung einer verbindlichen Baukostenobergrenze noch verschärfen: Wird diese überschritten, trägt der Architekt die Mehrkosten für den Bauherrn.

Angemessener ist im Interesse beider Seiten jedoch eher die Vereinbarung eines Kostenrahmens. Nur so können Kostenschwankungen angemessen berücksichtigt werden, ohne den Schutz des Bauherrn vor Kostensteigerungen zu vernachlässigen! Gleichzeit behält der Architekt die erforderlichen gestalterischen Spielräume.

Zur Verantwortung des Architekten gehören auch die Beachtung nachbarrechtlicher Gesichtspunkte und die Hilfestellung bei der Beantragung von Fördermitteln. Auch hat er die Umsetzung von Förderrichtlinien zu gewährleisten. Er ist ebenfalls für die Auswahl und Überprüfung von Sonderfachleuten wie Statikern und Bodengutachtern verantwortlich.

Vor dem Hintergrund dieser noch nicht einmal abschließenden Aufzählung liegt es auf der Hand, dass ein Architektenvertrag eine klare Leistungsbeschreibung zu enthalten hat. Dabei ist es nur legitim, dass der Architekt auch umfangreiche Leistungen, wie beispielsweise rechtliche oder steuerliche Beratung, vertraglich ausdrücklich ausschließt.

Aus dem umfangreichen Aufgabenbereich des Architekten folgt eine erhöhte Möglichkeit auftretender Fehler. Daher sollte sich der Bauherr bei der Beauftragung des Architekten unbedingt das Bestehen einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung mit einer angemessenen Deckungssumme nachweisen lassen!

Bei Vertragsschluss ist zusätzlich zu beachten, dass dem privaten Bauherrn als Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht. Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist lediglich 14 Tage. Hat der Architekt die Widerrufsbelehrung jedoch nicht, falsch oder unvollständig erteilt, so verlängert sich diese Frist auf ein Jahr und 14 Tage. Die Rechtsfolge eines Widerrufs ist für den Bauherrn unter Umständen von erheblicher Bedeutung: Hat der Architekt seine Leistungen nämlich bereits ganz oder teilweise erbracht bevor der Bauherr sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, entfällt bei Widerruf der Honoraranspruch für die Architektenleistungen! Der Bauherr erhält die bis zum Widerruf erbrachte Architektenleistung also kostenlos!

In vielen Fällen versuchen Architekten, Planungsaufträge dadurch zu erhalten, dass Sie sich mit Grundstückverkäufern zusammenschließen und der Kaufvertrag eine Klausel enthält, nach welcher der Käufer verpflichtet wird, die Errichtung seines Eigenheims mit dem vorgegebenen Architekten zu realisieren. Eine solche Klausel zu Gunsten des freiberuflich tätigen Architekten ist in der Regel unwirksam. Der verbundene Grundstückskaufvertrag bleibt jedoch wirksam!

Anders sieht es aus, wenn der Architekt beim Grundstücksverkauf gewerblich tätig ist oder er aber vom Käufer mit der Vermittlung eines Grundstücks beauftragt worden ist. In diesen Fällen wäre ein Architektenvertrag abzuschließen.

Von erheblicher Bedeutung für Bauherrn und Architekten ist die Dauer der Bindung an den Architektenvertrag. Diese richtet sich nach dem abgeschlossenen Vertragsmodell.

Bei einem Vorbescheidsvertrag wird der Architekt ausschließlich mit der Prüfung einer bestimmten Bebaubarkeit beauftragt. Nach Klärung dieser Frage ist der Vertrag beendet.

Im Rahmen einer Vollbeauftragung ist der Architekt dagegen bereits verbindlich vollständig bis zum Ablauf aller Gewährleistungsfristen nach Fertigstellung des Gebäudes beauftragt. Diese Beauftragung beinhaltet das Risiko, dass beide Vertragsparteien sich bei Unstimmigkeiten nicht ohne Weiteres vom Vertrag lösen können. Sinnvoll sind daher insbesondere für den Bauherrn eher Teilbeauftragungen mit einzelnen Leistungsabschnitten oder Stufenverträge.

Bei Teilbeauftragungen werden stets nur einzelne Teilleistungen beauftragt, ohne dass dann nach deren Abschluss weitere Beauftragungen erfolgen müssen. Mit Abschluss jeder Teilbeauftragung wird ein entsprechender Teil des Architektenhonorars fällig und die jeweilige Gewährleistungsfrist beginnt.

Bei Stufenverträgen mit Optionsregelungen werden Teilleistungen in Stufen vereinbart. Nach deren Erreichen kann der Bauherr einseitig eine Option auf Beauftragung der nächsten Stufe ausüben.

Bei Stufenverträgen ohne Optionsregelung erfolgt die Beauftragung der folgenden Stufe automatisch mit Abschluss der vorherigen Stufe. Diese Vertragsart ist für den Bauherrn noch nachteiliger als die sofortige Vollbeauftragung: Da die Leistungen jeder Stufe vertraglich in sich abgeschlossen sind, ist die Vergütung bereits nach Abschluss der jeweiligen Stufe fällig.

Entscheidender ist jedoch, dass auch die Gewährleistungsfristen für jede Stufe getrennt beginnen. Damit enden diese Fristen auch früher als bei der Vollbeauftragung. Dort beginnen die Gewährleistungsfristen für sämtliche Leistungsabschnitte nämlich erst mit dem Abschluss der letzten Leistung!

Jeder Bauherr wählt die für sich günstigste Vertragsart selbst aus. Grundsätzlich scheint es jedoch sinnvoll zu sein, Stufenverträge mit Optionsregelung abzuschließen. Damit werden die Vorteile der Teilbeauftragungen mit dem einseitigen Optionsrecht des Bauherrn, den Vertrag fortzuführen, kombiniert.

Von besonderer Bedeutung ist die Übernahme der Leistungsphase 9 im Architektenvertrag. Damit ist die Objektbetreuung inklusive Gewährleistungsverfolgung beschrieben. Der Architekt übernimmt die Verpflichtung, das Bauwerk kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfristen der jeweiligen Bauunternehmen nochmals auf Mängel zu überprüfen. Für diese Überprüfung hat er die Gewährleistung mit einer erst dann beginnenden Gewährleistungsfrist zu übernehmen. Im Ergebnis führt dies für den Architekten mindestens zur Verdopplung der Gewährleistungsfristen, da sich seine Fristen an die Fristen der einzelnen Handwerker anschließen! Noch länger wird diese Frist, wenn sich die Mangelbeseitigung einzelner Gewerke über Jahre hinzieht und die Gewährleistungsfrist des Architekten erst danach beginnt!

Dieses hohe Risiko wollen viele Architekten aus verständlichen Gründen nicht eingehen. Sie lassen sich lediglich bis Leistungsphase 8 beauftragen. Diese beinhaltet die Überwachung auf Mängel ausschließlich bis zum Zeitpunkt der Abnahme der einzelnen Bauhandwerkerleistungen.

Aus Sicht des Bauherrn wäre es sinnvoll, die Leistungsphase 9 mit dem Architekten zu vereinbaren. Um den Architekten hierzu zu motivieren, sollte auch eine angemessene Honorarerhöhung angeboten werden.

Das Honorar kann insoweit frei vereinbart werden. Die neue HOAI ist nicht mehr verbindlich. Sie gibt nur dann ein Honorar vor, wenn die Parteien keine andere Vereinbarung in Textform getroffen haben.

Insgesamt ergeben sich bei Abschluss eines Architektenvertrages für beide Seiten zahlreiche Möglichkeiten, die eigenen Interessen in den Vordergrund zu rücken. Vor dem Hintergrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung des zu errichtenden Werkes und der ebenso großen Verantwortung des Architekten, sollte jedoch auf einen ausgewogenen Vertragsabschluss geachtet werden. Nur so kann letztlich auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit am Bau gewährleistet werden.

Stand: 01.01.2022

Rechtsgebiet: Baurecht

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